Wieso die Flüge in die anderen Aimags immer in aller Herrgottsfrühe fliegen, wissen wir eigentlich nicht. Auch heute müssen wir um 5:30 bereit stehen. Auf dem Weg zum Flughafen ist plötzlich die Strasse gesperrt, Polizisten stehen mit den Händen in den Hosentaschen mit einer Gruppe Mongolen herum und eine Leiche liegt unbeachtet am Boden…der Tag fängt ja gut an.
Bayankhongor liegt „nur“ 600km südwestlich von UB und bevor die Stadt richtig erwacht, sind wir schon in unserem Hotel eingecheckt und dürfen ein zweites Frühstück in einem grellen Karaoke-Separé geniessen. Ich habe anscheinend die Suite bekommen, in der normalerweise der Minister verweilt…anscheinend stört er sich nicht ob äusserlichem Schein, der beim näheren Betrachten auch hier kaputte Möbel, wackeligen Duschkabinen, durchgelegene Betten zeigt. Aber wir sind froh eine saubere Bleibe mit sogar Warmwasser und mehr oder weniger funktionierendem Internet zu haben.
Obwohl heute eigentlich der erste Tag des Kurses geplant war, wurden die Pläne auf Grund des Nationalfeiertages „Kindertag“ geändert und die lokalen Leute nehmen uns schon heute auf eine Tour zu den Thermen mit ca. 60km entfernt. Auch heute gilt der Weg ist das Ziel.
Der Ambulanzfahrer fährt in einem unglaublichen Tempo über die Dirtroads, trotzt Schlaglöchern und gebrochenen Brücken, die er locker durch das meist trockene Flussbett umfährt. Wir sind froh, haben wir hier eine Luxusvariante des russischen Lada-busses, dessen Dach gepolstert ist, denn nicht selten spickt es uns bis an die Decke. Die Fahrt ist besser als jedes Beckenbodentraining im Fitness…Diese Lada’s sind so verbreitet, anscheinend sind sie nicht zu töten. Einzig bei der Rückreise spinnt die Sirene und sie heult bei jedem 10. Schlagloch los. Der Ton ähnelt bei weitem nicht unserem Martinshorn, sondern tönt eher wie ein Dampfer auf dem Thunersee und schreckt jedesmal die armen Yak- oder Ziegenherden auf.Wir lassen unseren Fahrer und Führer immer wieder anhalten, da wir auch hier, wo die Vegetation schon weiter und somit grüner ist, fasziniert sind von der Landschaft und den tausenden von Herdentieren, die frei durch die Landschaft ziehen. Das Ziel fasziniert unsere Einheimischen, die das Schamanentum immer noch fest in sich haben, deutlich mehr. Neben einem hässlichen Sanatorium im sowjetischen Stil sickert aus allen möglichen Steinhaufen Quellwasser mit verschiedener Zusammensetzung und Temperaturen. Die heisseste Quelle mit 97°C wird in einer mongolischen Fassung, die aus allen Löchern leckt, gesammelt und für die in kleinen Holzjurten angebrachten Duschen gebraucht.Jede Quelle soll für ein anderes Leiden gut sein. Wir verzichten grosszügig auf das uns angebotene Handtuch und Bademantel. Uns fasziniert die Schlange und die kleinen Erdhörnchen oder Murmeltierart fast mehr.Nach dem Rundgang werden wir mit einem reichhaltigen mongolischen Mittagessen verwöhnt. Während unsere Mongolen eine Siesta in einem der Sanatoriumzimmer machen, lockt es uns Schweizer auf die Hügel, wo wir die unglaubliche Ruhe und frische Luft geniessen.
In einem naheliegenden Dorf geht die Verwöhntour schon kurz später weiter. Wir wissen gar nicht wie wir einen solch grossartigen, generösen Empfang verdient haben, da wir ja hier noch gar nichts geleistet haben. Neben dem Chefarzt des General Hospitals von Bayankhongor, ist auch der Finanzdirektor, eine Frau aus dem PR sowie ein Freund des Chefarztes, der eine Laura Star Filiale in UB hat, teil. Neben unseren Begleiterinnen, Bayalag, Suvdaa und Davaa, eine unglaubliche Delegation für 3 kleine Schweizer Wald und Wiesen Pädiater.Im Dorf werden wir vom lokalen Gesundheitszenter/Spital, dieser kleinen 3500grossen Gemeinde, in die Spitalküche zum nächsten Festmahl mit lokalen Spezialitäten eingeladen. Mittlerweile haben wir uns alle schon an den salzigen Milchtee gewöhnt. Spannend, dass neben einem normalen Bau, die Küche in einer Jurte gebaut wird, eine Vermischung von Tradition und vom Gesundheitsministerium auferlegten Hygienestandards, die brav in Postern an die Wand aufgehängt wurden. So muss das Abwaschwasser 80° warm sein, das Wasser für das Lavabo wird vom im Container gesammelten nicht ganz sauberen Flusswasser in einen Behälter mit Wasserhahn geschüttet, um die Hände wie bei uns waschen zu können aber dann an einem schmutzigen xfach gebrauchten Handtuch zu trocknen. Auch die berühmte Nahrungsmittelpyramide für eine gesunde Ernährung hängt an der Wand, aber was machen, wenn hier keine Früchte und nur Kartoffeln und Karotten wachsen?
Das Spital-WC ist paradoxerweise unterteilt in ein Invaliden WC und ein normales WC aber beides sind Steh-Plumpsklo, da kann man wohl das Rollstuhlzeichen vorne abhängen.Eine einzige Ärztin, Pädiaterin, versorgt die gesamte Bevölkerung von Geburten, über Vorsorgen, Impfungen, Notfälle und das schon seit 25 Jahren- Hut ab!Beim Erkunden des Dorfes wird uns erzählt, dass die Kinder, die mit ihren Familien ja in sehr abgelegenen Jurten wohnen ab 6 Jahren ins „Internat“ kommen, d.h. dann schon getrennt von ihren Eltern. Wenn sie Glück haben, schlafen ihre Geschwister im gleichen Schlafsaal und sie werden von den Eltern regelmässig besucht.Nach der 2 stündigen sehr holprigen Rückfahrt sind wir tot müde und treffen uns nur noch kurz zu einem Abschlussdrink, um den morgigen Tag zu besprechen. Wir freuen uns, diesen unglaublich netten Empfang morgen mit einem hoffentlich wieder gelingenden Kurs zu revanchieren.
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