Es sind die häufigen Fälle von sekundären Dysplasien, verursacht durch Infektionen im Hüftgelenk, die uns veranlasst haben, eine ausgewiesene Kapazität für pädiatrische Infektiologie in die Mongolei einzuladen. Zu gern möchten wir auch hier einen Beitrag leisten, denn die Prognose ist für die betroffenen Kinder inzwischen sehr viel schlechter, als die der von einer DDH Betroffenen. Bei einer akuten Infektion kann der Hüftkopf innert wenigen Tagen wie Schnee an der Sonne schmelzen – und wächst nicht einfach so wieder nach.
So hat also Nicole Ritz heute ihren ersten “Arbeitstag” in unserer Gruppe erlebt, und das am president election day, wo Arbeiten sozusagen bei Strafe verboten ist. Die politische Bedeutung dieses Tages ist momentan noch sehr offen, infektiologisch hingegen ist alles klar, doch davon später. Erst einmal mussten wir bei 30°C quer durch Ulaanbaatar stiefeln, weil unser Tulgaa im traffic jam derart stecken geblieben ist, dass er seinen Weg ins Spital zu Fuss zurücklegen musste und seinen Wagen einfach stehen liess. Bayalag führte uns dann quer durch alle möglichen Intensivstationen in der mit über 500 budgeted beds grossen und einzigen Kinderklinik des Landes. Beeindruckend war erst einmal die Erkenntnis, dass v.a. infrastrukturell in den letzten Jahren eine massive Aufrüstung stattgefunden hat. Dutzende Maschinen moderner Bauart waren im Einsatz, Kinder beatmend, beleuchtend, überwachend und wärmend. Wie es scheint, sind alle diese Geräte über Hilfsprojekte finanziert worden, v.a. den Hinweis auf “the people of Japan” finden wir häufig. Was vordergründig imponiert, muss bei Nachfrage und genauerem Hinschauen doch hinterfragt werden. In vielen Bettchen liegen zwei Babies, teils auch auf den Gängen der Kliniken. Angaben zu den häufigen medizinischen Problemen bleiben oft etwas vage. Die Überlebenschance eines Babies von unter 1000g liegt bei 30% und Infektionen scheinen wirklich ein relevantes Risiko zu sein.
Doch auch in Anbetracht dieser Fragezeichen erhalten wir den Eindruck, als sei die Lernkurve steil und die Motivation zu Verbesserungen hoch. Das verdient Anerkennung und bestätigt uns auch darin, dass wir einen kleinen Beitrag leisten wollen. So setzten wir uns denn hin und haben in weniger als einer Stunde einen Algorithmus zum Vorgehen bei akuter Hüftgelenksinfektion definiert und gleich auch noch eine Studie zum Thema entworfen. Morgen werden wir sehen, ob unsere mongolischen Freunde mitmachen werden… ich schätze, wir lassen ihnen keine Wahl, die hatten sie schon im Bezug auf ihren Präsidenten.
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